Stuttgarter Zeitung 3.2.2004
Bahnradsportler fordern eigene Trainingshalle
am Wasen
Investor für Boschhalle will
Ende Februar Finanzierungskonzept präsentieren - Olympiastützpunktleiter
kritisiert Messechef
Der Investor für die Boschhalle will bis Monatsende Partner gefunden haben,
die das Projekt mit ihm finanzieren. Doch ob es einen Neubau geben wird oder
ob man die Schleyerhalle ausbaut - die Bahnradsportler beharren auf einer eigenen
Trainingsstätte.
Von Jörg Nauke
Harry Harkimo gibt nicht auf. Zwar ist der finnische Investor, der die Color-Line-Arena
in Hamburg gebaut hat und betreibt, zur Erkenntnis gelangt, dass er das Projekt
wegen des verringerten städtischer Zuschusses (7,5 Millionen statt 12,5
Millionen Euro) nicht stemmen kann; da er aber an den Standort und den Erfolg
der Boschhalle glaube, sei er auf der Suche nach Partnern. Er verhandele derzeit
positiv und viel versprechend. Weil das aber noch dauere, hat er OB Wolfgang
Schuster gebeten, ihm noch bis Ende Februar Zeit zu geben.
Spätestens dann wird der Gemeinderat vom Projektsteuerer Ernst & Young
über die Vor- und Nachteile sowohl des Baus der Großhalle als auch
einer Modernisierung der Schleyerhalle informiert werden. Die Entscheidung steht
bevor - bis zur Fußball-WM 2006 muss das Projekt fertig sein.
Der Leiter des Olympiastützpunkts, Karl Link, ist besonders gespannt, wie
sich der Gemeinderat entscheiden wird. Für den Fall, dass man die Schleyerhalle
modernisiert und ausbaut, würde der Bahnradsport nämlich seine etwa
40 bis 50 Trainingstage pro Jahr verlieren. Die Radrennbahn würde zwar
mit einer demontierbaren Tribünenkonstruktion versehen, ein Auf- und Abbau
wäre aber nur für das 6-Tage-Rennen vertretbar. Die Trainingszeiten
sind aber vertraglich zugesichert, denn die Schleyerhalle wurde 1983 vor allem
als Ersatz für die Radrennbahn gebaut, die einem Daimler-Benz-Gebäude
weichen musste. Heute drehen dort Kaderathleten wie Sven Krauß, Leif Lampater
und Stefan Löffler ihre Runden; für 70 Euro pro Jahr dürfen aber
auch Mitglieder der Stuttgarter Radsportgemeinschaft die Bahn benützen.
Aber auch die Boschhalle wäre "für den Radsport nur eine Notlösung",
sagt Link. Zwar könnten seine Athleten dann häufiger in der Schleyerhalle
fahren als bisher, aber eben noch längst nicht so oft, wie das nötig
und in einer eigenen Trainingshalle möglich wäre. Diese wäre
auch für die Leichtathleten geeignet, die derzeit in der Schleyerhalle
nur kurz vor und nach dem Hallenmeeting ihre Rundlaufbahn nutzen können,
und auch für den Rollsport, da die Halle dem neuen Schleyerhallenfoyer
weichen müsste. Die Investitionskosten werden auf etwa 5,5 Millionen Euro
beziffert. Link sagt, mit dem Betrag, der heute für Hallenmiete sowie Auf-
und Abbau aufgewendet werde, könne man diese Halle finanzieren. Als Standort
wird der Bereich zwischen Schleyerhalle und Stadion genannt.
Das Sportamt überweist zum Ausgleich an den Schleyerhallenpächter,
die Stuttgarter Messe GmbH (SMK), für jeden Trainingstag 3970 Euro, im
Haushalt sind für dieses Jahr 285 000 Euro veranschlagt. Dennoch liegen
Karl Link und Messechef Klaus-Dieter Heldmann wegen der Termine im Clinch. Zwar
ist im Vertrag über die Betriebsführung der Schleyerhalle vom 27.
Juni 1980 festgelegt: "Überschneiden sich Termine sportlicher und
nicht sportlicher Veranstaltungen, so haben Sportveranstaltungen Vorrang."
Doch davon kann nach fast 24 Jahren keine Rede mehr sein. Wegen der hohen Umbaukosten
- Hallenverwalter Manfred Parlow spricht von 2000 Euro pro Aktion - werden immer
wieder Trainingstermine verschoben und gestrichen. Weil die Bahn gerade im Winter
beliebt ist, wenn Parlow Konzerthochbetrieb hat, gibt es Interessenkonflikte.
Link kritisiert in einem offenen Brief, Heldmann habe ihm zwischen Weihnachten
und Neujahr ohne Rückfrage drei Tage gestrichen. Es könne auch nicht
sein, dass man nur durch Zufall erfahre, dass zugesagte Termine gestrichen worden
seien.
Aktualisiert: 03.02.2004, 10:38 Uhr