Schuster: Boschhalle ist keine scheinprivate Lösung
 
Volles Risiko beim Investor Harkimo - Maximal 20 Millionen Euro von der Stadt - Konzertveranstalter Russ für Großhalle
 
OB Wolfgang Schuster und Konzertveranstalter Michael Russ haben für den Bau der Großhalle getrommelt. "Sonst spielen wir in einigen Jahren nur noch in der dritten Liga", sagte Russ. Schuster will, dass die Baulücke bis zur Fußball-WM 2006 geschlossen wird.

Von Jörg Nauke

Schuster drängt auf eine rasche Entscheidung, weil die Stadt sonst "ihre große Bedeutung als Veranstaltungsort verlieren würde". In dieselbe Kerbe schlug Konzertveranstalter Michael Russ. "Ich habe große Sorge, dass die Künstler wegbleiben werden", sagte Russ. Schon heute würden Stars wie Madonna, Kylie Minogue, Paul McCartney oder Bon Jovi die Schleyerhalle wegen zu geringer Kapazitäten meiden. "Die wollen in große Hallen", sagt Russ, "schließlich sind sie an den Einnahmen beteiligt". Er befürchtet, dass andere Kommunen im Land Stuttgart den Rang ablaufen werden. Ende 2003 werde die von SAP finanzierte Halle in Mannheim mit einem Fassungsvermögen von 16.000 Besuchern eingeweiht, die neue Messehalle in Karlsruhe fasse 14.000 Besucher.

An der Notwendigkeit, Ersatz für die Schleyerhalle zu finden, gebe es im Gemeinderat keinen Zweifel, betonte Schuster; schließlich habe das Gremium die Verwaltung ermächtigt, auf Investorensuche zu gehen. Allein an der Finanzierung scheiden sich die Geister. Die SPD hält nichts davon, das Bauen einem Privaten zu überlassen. Und alle Fraktionen eint der Wunsch nach einer möglichst geringen städtischen Beteiligung.

Schuster hat gestern den maximalen Einsatz der Stadt auf etwa 20 Millionen Euro beziffert. Für diese Summe, die ungefähr der Investition für das Bürgerzentrum West entspreche, "erhalten wir eine neue, moderne Halle". Er habe noch keinen Finanzierungsvorschlag, könne sich aber die Umschichtung von Vermögen vorstellen. 40 Millionen Euro seien für die Filderauffahrt zur Seite gelegt, die in den nächsten Jahren nicht gebaut werde. Schuster sagte außerdem: "Es handelt sich nicht um eine scheinprivate Lösung." Der Investor habe die Chance, in einem tollen Umfeld eine Halle zu betreiben, "er trägt aber auch das volle Risiko". Die Stadt werde - anders als das bei einem VfB-Stadion gewesen wäre - im Konkursfall nicht die Kredite tilgen. Sollte Harkimo nicht genügend Einnahmen aus dem Verkauf von Namens- und Vermarktungsrechten, durch die Vermietung von Logen und aus der umfangreichen Gastronomie erzielen, "dann wird sich eben ein anderer finden". "Wenn die Halle steht", sagt Schuster, "dann wird sie auch betrieben."

Die Stadt soll für etwa 2,7 Millionen Euro die Infrastruktur optimieren. Etwa vier Millionen Euro wären heute anzusetzen, um in 30 Jahren die Großhalle zum Restwert von 22 Millionen Euro kaufen zu können. Größter Brocken ist der städtische Zuschuss. Einst waren 12,5 Millionen Euro im Gespräch; dieser Betrag aus einer Kapitalherabsetzung bei der Messegesellschaft ist aber längst in den allgemeinen Haushalt zurückgeflossen. "Harkimo weiß das. Jetzt wird verhandelt", sagt Schuster, der auch auf die positiven Effekte des Baus für die öffentliche Hand in Form von Steuereinnahmen verweist.

Die Stadt hätte auch die Schleyerhalle los; sie würde kostenlos verpachtet. Harkimo soll dazu jährlich 770.000 Euro von der Stadt erhalten, müsste das Gebäude aber erhalten. Das biete sich für einen Parallelbetrieb an, sagt Russ. Er geht von je zehn bis 15 Konzerten pro Jahr in beiden Hallen aus. "Heute haben wir im konzertstarken Oktober Kapazitätsprobleme wegen des Reitturniers", so Russ. Im Übrigen verfüge die Schleyerhalle über einen sehr großen Innenraum und eine der "weltbesten Radrennbahnen", betont Schuster, dort sollen weiter entsprechende Veranstaltungen stattfinden. "Mein Wunsch ist es, die Boschhalle bis zur WM 2006 fertig zu haben", so der OB. Mit dem umgebauten Stadion und dem neuen Mercedes-Museum könnte man "eine der besten Freizeitstätten in Mitteleuropa präsentieren".


 
10.07.2003 - aktualisiert: 10.07.2003, 17:21 Uhr

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