Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 08.07.2003

 


Großhalle: Stadt soll die Hälfte zahlen
 
Finnischer Investor Harkimo will von Kommune 40 Millionen Euro - SPD und Grüne dagegen
 
Der Wettbewerb für die Großhalle ist entschieden. Harry Harkimo hat gewonnen. Der Finne will aber, dass sich die Stadt zur Hälfte am 83-Millionen-Projekt beteiligt. Das ist für den OB ein heißes Eisen nach der Absage an den VfB wegen des Fußballstadions.

Von Jörg Nauke

Es sei nicht auszuschließen, dass die Stadt für das Großprojekt neben Schleyerhalle und Daimlerstadion einen Erbauer und Betreiber finde, der gänzlich ohne städtische Hilfe auskomme, hatte OB-Referent Richard Schlechter noch Ende vergangenen Jahres gehofft. Dabei dachte er an den finnischen Weltumsegler, der im vergangenen Jahr in Hamburg strandete und dort für etwa 80 Millionen Euro die Color Line Arena baute.

Von solcher Großzügigkeit kann heute keine Rede mehr sein. Jetzt verlangt Harkimo von der Landeshauptstadt einen einmaligen Investitionszuschuss von 12,5 Millionen Euro, und nach Ablauf der 30-jährigen Vertragslaufzeit soll sie den Restwert von 22,212 Millionen Euro überweisen. Dann würde die Halle für etwa 15 000 Zuschauer aber auch der Stadt gehören. Weitere Aufwendungen von 5,9 Millionen Euro entstehen durch den Kauf von Schleyerhallenanbauten, die technische Erschließung und Altlastenbeseitigung. Dass er sich von der Kommune mehr Unterstützung erhofft als von der Hansestadt Hamburg, die ihm für wenige Millionen Euro die Infrastruktur optimiert hat, hatte der Vorstandschef der JHC Arena Holding Oy der finnischen Zeitung "Helsingin Sanomat" im Dezember gesagt. Damals wurde er mit den Worten zitiert, in Stuttgart seien die Investitionsbedingungen besonders günstig, weil die Schwaben sich am Bau der Halle beteiligen.

Diese Hoffnung ist Bestandteil seines Konzepts "zur Planung, Finanzierung, Erstellung und zum dauerhaften Betrieb eines multifunktionalen Sport- und Veranstaltungszentrums auf eigenes wirtschaftliches Risiko". Harkimo hat sich damit gegen die Mitbewerber Walter Group, Hochtief und Max Bögl durchgesetzt, weil es die Anforderungen in wirtschaftlicher Hinsicht am besten erfülle, wie die Projektsteuerungsgesellschaft Weiss & Partner feststellte. Der Vergleich zeigt: Die anderen wollten einen doppelt so hohen Zuschuss. Der Gemeinderat befasst sich am 22. und 23. Juli mit dem Thema.

OB Wolfgang Schuster hat sich mit seiner Absage an ein reines Fußballstadion viele Feinde gemacht. Dass er wenige Tage danach für die Großhalle plädiert, werden sie ihm doppelt übel nehmen. Sie sei notwendig, weil die bestehende Schleyerhalle "grundlegende strukturelle Mängel aufweist, die im nationalen und internationalen Wettbewerb immer gravierender" würden, betont Schuster. Außerdem stünden dort Investitionen von bis zu zehn Millionen Euro an. Diese Sorge wäre man los, würde man die Schleyerhalle Harkimo übergeben. Eine neue Halle hätte positive Auswirkungen. Von den Gesamtinvestitionen von 87 Millionen Euro würden 27,7 Millionen Euro an ansässige Planungs- und Baufirmen fließen. Die jährlichen Effekte betrügen 7,4 Millionen Euro, die zusätzlichen Steuereinnahmen etwa 700 000 Euro. Es gäbe aber auch zusätzliche Ausgaben: 220 000 Euro wären an Harkimo zu überweisen, weil die Radsportler an 55 Tagen im Jahr die Halle belegen, weitere 500 000 Euro für den Investitionsaufwand. Ob der neue Pächter überhaupt Miete bezahlt, ist unklar. Einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet, betrage nach Aussage der Projektsteuerer der Mehraufwand durch den Bau der Großhalle etwa 6,5 Millionen Euro.

CDU-Fraktionschef Michael Föll hält das Projekt für notwendig und stellt auch die Frage: "Wie sehen die Alternativen aus?" Klar sei, dass mit Harkimo noch verhandelt werden müsse. Man stehe, anders als in der Stadionfrage, nicht unter Zeitdruck. Grünensprecher Werner Wölfle sagt: "Harkimo hat die Messlatte gerissen." Es gebe keinen städtischen Zuschuss. Dies betont auch die SPD. Der Fraktionsvorsitzende Manfred Kanzleiter verweist auf seinen Antrag, in dem er den Ausbau der Schleyerhalle mit städtischen Mitteln ins Gespräch gebracht hat.
 
08.07.2003 - aktualisiert: 08.07.2003, 05:05 Uhr

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