Stuttgarter Presse 21.10. 2003

STUTTGARTER-NACHRICHTEN

Hängepartie um Boschhalle

Investor und OB: Kein Ergebnis beim Spitzengespräch

Die Realisierung der Boschhalle bleibt ungewiss. Ein zweistündiges Spitzengespräch am Montag zwischen OB Wolfgang Schuster und Investor Harry Harkimo brachte keinen Durchbruch. Knackpunkt ist der städtische Baukostenzuschuss von 12,5 Millionen Euro.

Von unserem Reporter

MICHAEL ISENBERG

Zu Beginn der Verhandlungen gibt sich OB Wolfgang Schuster betont locker. "Wir sind beide Optimisten", antwortet er auf die Frage nach den Erfolgsaussichten für die Boschhalle. Dabei schenkt er seinem finnischen Gast ein aufmunterndes Lächeln. Doch der nickt nur. Es geht um viel Geld. Da legt Harry Harkimo sein Wort auf die Goldwaage. Und schweigt.

Das Treffen zwischen Schuster und dem Chef der finnischen JHC Arena Holding, an dem auch Finanzbürgermeister Klaus Lang und der Geschäftsführer der Color-Line-Arena von JHC in Hamburg, Uwe Frommhold, teilnehmen, findet am Montag im Rathaus statt. Gesprächsgrundlage ist das Angebot von JHC für die Boschhalle, das der Stadt seit dem Sommer vorliegt.

Der private Investor will die multifunktionale Sport- und Veranstaltungshalle mit bis zu 17 000 Sitzplätzen bauen und, in Kombination mit der von der Stadt umsonst gepachteten Schleyerhalle, 30 Jahre lang betreiben. Harkimo rechnet mit einer Gesamtinvestition von 87 Millionen Euro. Dafür soll die Stadt einmalig 12,5 Millionen Euro zuschießen und die Boschhalle nach 30 Jahren zu einem Restwert von 22,2 Millionen Euro übernehmen. Außerdem rechnet Harkimo mit der Aufrechterhaltung des kommunalen Zuschusses für die Schleyerhalle in Höhe von 770 000 Euro im Jahr.

Der Gemeinderat hatte Schuster bereits im Sommer den Auftrag erteilt, das JHC-Angebot in Verhandlungen nachzubessern. Vor allem der Investitionszuschuss von 12,5 Millionen Euro war für die Stadträte nicht akzeptabel. Die Gesamtsumme der barwerten Ausgaben für die Stadt gab Schuster damals mit "maximal 20 Millionen Euro" an.

Mehr als zwei Stunden verhandeln Schuster und Harkimo am Montag. Über die Ergebnisse des Gesprächs wird Stillschweigen vereinbart. Doch ein Durchbruch gelingt nicht, das deuten beide Seiten an. "Es war ein direktes und konstruktives Gespräch. Einige Fragen werden sich jetzt lösen lassen", sagt Schuster vorsichtig. "Bei der Frage der 12,5 Millionen Euro liegen wir jedoch noch ein gutes Wegstück auseinander."

Wie groß dieses Wegstück noch ist, deutet Harkimo an. "Es wurden zwar verschiedene Aspekte der Finanzierung besprochen. Die Lösung des Problems liegt aber in der Hand des Oberbürgermeisters und des Gemeinderats." Offenbar beharrt Harkimo auf den 12,5 Millionen Euro und erwartet, dass sich Schuster im Gemeinderat durchsetzt.

Sollte die Boschhalle wie geplant zur Fußball-WM 2006 fertig sein, müssten die Zuschüsse im Haushalt 2004/2005 fixiert werden, der im Dezember verabschiedet wird. Schuster möchte "in den Haushaltsberatungen einen vernünftigen Finanzierungsvorschlag vorlegen". Um das Gremium zu überzeugen, wird der OB außerdem demnächst ein Gutachten zur Schleyerhalle vorlegen. Angeblich rechnen die Gutachter mit einem Modernisierungs- und Investitionsaufwand für die Schleyerhalle in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro, falls die Boschhalle nicht gebaut wird. Das Festhalten an der Schleyerhalle könnte demnach genauso viel kosten wie die Investition in die neue Halle.

OB Schuster und Harkimo haben am Montag ein weiteres Treffen am 5. November vereinbart. Dann wird sich zeigen, wer noch zu welchem Entgegenkommen bereit ist.

Aktualisiert: 21.10.2003, 05:05 Uhr

STUTTGARTER-ZEITUNG

Verhandlungen über Starthilfe für Boschhalle vertagt

Investor Harkimo fordert stärkeres Engagement der Stadt - Color Line Arena defizitär - Finanzierung mit Logen klappt nicht mehr

Der finnische Investor Harry Harkimo hat gestern erneut mit OB Schuster und Kämmerer Klaus Lang über die Finanzierung einer Großhalle am Wasen verhandelt. Die Stadtverwaltung hat vorsorglich 7,5 Millionen Euro beantragt, Harkimo braucht aber mehr.

Von Jörg Nauke

Stephan Schorn, der Pressesprecher der Stadt, sagte, die Gesprächsbeteiligten hätten Stillschweigen vereinbart. Schusters persönliche Referentin Karin Maag betonte, die Sache sei so geheim, dass auch der Termin für das nächste Gespräch nicht verraten werde. Damit hatte sie aber bestätigt, dass Harkimo noch nicht aufgegeben hat, die Stadt von seinem Konzept zu überzeugen.

Auch gestern dürfte es wieder um das wichtigste Detail gegangen sein - ums Geld, genauer: um den städtischen Zuschuss für den Unternehmer aus Helsinki. Im Juli hatte OB Schuster den maximalen Einsatz der Stadt auf etwa 20 Millionen Euro beziffert, davon wären etwa 12,5 Millionen Euro kurzfristig aufzubringen. Da dieser Betrag aus der Kapitalherabsetzung bei der Messegesellschaft resultiert, aber längst im städtischen Haushalt versickert ist, muss über die Anschubfinanzierung neu verhandelt werden. Die "grüne Liste", in der die von der Verwaltung für die Etatberatungen gewünschten Projekte aufgelistet sind, weist für die Boschhalle einen Betrag von 7,5 Millionen Euro auf. Die Frage ist nun, ob das dem finnischen Investor genügen wird. Gegenüber dem "Hamburger Abendblatt" hat Harkimo kürzlich jedenfalls zu verstehen gegeben, "dass wir bei unseren weiteren Hallenplanungen wie in Amsterdam und Stuttgart auf stärkere Starthilfe der Stadt dringen werden".

Nach dem heutigen Stand dürfte er also mehr Geld als noch im Juli fordern - und nicht weniger. Das kommt nicht von ungefähr, denn der Betrieb der mit dem Stuttgarter Projekt durchaus vergleichbaren, aber nahezu ohne öffentliche Mittel finanzierten Color Line Arena in Hamburg ist schlechter angelaufen als geplant. Diese Halle hat im ersten Jahr trotz einer guten Auslastung (für die unter anderem zwei Profivereine im Eishockey und Handball sorgen, die es in Stuttgart so nicht gibt) mehr als vier Millionen Euro Verlust eingefahren - und dies, obwohl Harkimo und seine Führungskräfte vor der Eröffnung 2002 nicht müde geworden waren zu behaupten, die Halle würde bereits im ersten Jahr schwarze Zahlen schreiben.

In Stuttgart ist man nach den negativen Berichten aus der Hansestadt skeptisch geworden und erinnert sich daran, dass der Verantwortliche für die Schleyerhalle, Messe-Geschäftsführer Klaus-Dieter Heldmann, seit Jahren predigt, ein derartiges Veranstaltungszentrum könne lediglich die Betriebs-, nicht aber die Investitionskosten erwirtschaften. Die Zinszahlungen machen Harkimo vor allem deshalb zu schaffen, weil der Boom beim Verkauf von Logen und Business-Sitzen vorbei zu sein scheint. Dieses Problem teilt er mit unzähligen Hallenbetreibern, denn die Unternehmen halten sich angesichts der wirtschaftlichen Lage zurück. Wer Personal entlässt, kann es sich kaum leisten, sich in teuren Logen zu vergnügen.

Die von der Stadt zurzeit geprüfte Alternative zum Bau der Boschhalle sieht keine Einnahmen aus Logenverkäufen vor. Auf Antrag der SPD untersucht das Architekturbüro Arat, Sigel & Partner mit der betreibenden Messe, ob ein Umbau der Schleyerhalle möglich ist. Laut Hallenchef Manfred Parlow könnte die Kapazität auf konkurrenzfähige 16 000 Besucherplätze erweitert werden. Dafür müsste unter anderem eine Kurve der Radrennbahn überbaut werden. Außerdem gebe es jetzt ein halbautomatisches Verfahren, mit dem Zusatztribünen mit geringem Aufwand aufgestellt werden könnten.

Wenn die Nebenräume ausgebaut, ein großes Foyer eingerichtet und der Umgang so erweitert würde, dass dort Kioske Platz hätten, bräuchte man keine Boschhalle, sagt Parlow. Dies alles sei für weniger als 40 Millionen Euro aus der Stadtkasse zu haben. Genaue Zahlen würden in Kürze vorgelegt.

Aktualisiert: 21.10.2003, 05:06 Uhr

ESSLINGER-CANNSTATTER ZEITUNG

Harkimo pokert weiter

OB will Finanzierungskonzept für Großhalle vorlegen

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart bleibt mit Harry Harkimo, dem potenziellen Investor für eine zweite Großhalle auf dem Cannstatter Wasen, weiter in Verhandlungen. Darauf verständigten sich beide Seiten gestern bei einem Gespräch im Stuttgarter Interims-Rathaus.

Von Elke Hauptmann

Nein, eine Einigung über die Bedingungen für die Realisierung des 87 Millionen Euro teuren Vorhabens habe es nicht gegeben, betont der Pressesprecher der Landeshauptstadt, Stefan Schorn. Aber man habe sich darauf geeinigt, dass beide Seiten "noch einmal in Ruhe nachrechnen und überlegen" werden. Im November wolle man dann zu einem erneuten Verhandlungsgespräch zusammen kommen.

Für Oberbürgermeister Wolfgang Schuster sei das Ziel klar: Um die Halle wie geplant bis zur Fußball-WM 2006 zu realisieren, müsste die Frage der Zuschüsse bis Ende des Jahres beantwortet werden.

Projekt im Etat einplanen

"Der OB will daher bei den Haushaltsberatungen einen konkreten Finanzierungsvorschlag vorlegen", kündigt Schorn an. Das werde freilich noch nicht am kommenden Donnerstag möglich sein, wenn Kämmerer Klaus Lang den Entwurf für den Doppeletat 2004/2005im Gemeinderat einbringt. Schon im Juli hatte Schuster dem Gemeinderat einen Vorschlag unterbreitet, wie die bis zu 16.000 Sitzplätze fassende Multifunktionsarena finanziert werden könnte. Seiner Rechnung zufolge würde der Bau der Halle die Stadt alles in allem einmalig 20 Millionen Euro kosten.

Zu hohe Zuschüsse

Von Harkimo erwartet das Stuttgarter Rathaus, dass er nicht nur auf die einst in Aussicht gestellten städtischen Zuschüsse in Höhe von 12,5 Millionen Euro verzichtet. Streitpunkt ist vor allem der so genannte Restwertbetrag von 22,2 Millionen Euro, den die Stadt nach Ablauf von 30 Jahren für die Übernahme der Halle zahlen soll. Mit dem jährlichen Zuschuss für die ebenfalls von Harkimo zu bewirtschaftende Schleyerhalle in Höhe von 770 000 Euro würde sich der kommunale Finanzierungsanteil so in 30 Jahren auf 60,7 Millionen Euro addieren - zu viel für viele Stadträte, die das Projekt zwar als wünschenswert einstufen, es angesichts der knappen Kassenlage derzeit aber nicht für realisierbar halten. Der Chef der finnischen JHC Arena Holding indes pokert weiter: Ohne öffentliche Mittel werde er die Halle nicht bauen. Allerdings zeigt er sich kompromissbereit. "Er ist weiterhin sehr interessiert", so Schorn.