Artikel aus den
Stuttgarter Nachrichten
vom 11.10.2003
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Boschhalle: Letzter Rettungsversuch
Der OB und Investor Harkimo verhandeln über
Millionen-Zuschüsse der Stadt
Das Projekt Boschhalle hängt am seidenen
Faden. Der Investor Harry Harkimo fordert von der
Stadt Zuschüsse im Umfang von insgesamt 60
Millionen Euro. Für die Stadt ist das nicht
akzeptabel. Am 20. Oktober werden sich OB Wolfgang
Schuster und Harkimo zur vermutlich letzten
Verhandlungsrunde in Stuttgart treffen.
VON MICHAEL ISENBERG
UND KONSTANTIN SCHWARZ
"Ich verstehe, dass sich die Stadt Stuttgart in
einer angespannten finanziellen Lage befindet",
sagt Harry Harkimo, der Chef der finnischen JHC
Arena Holding, am Freitag unserer Zeitung. Sein
Angebot scheint endgültig: "Wenn die Stadt die
vorgesehenen Zuschüsse nicht zahlt, werden wir
die Halle nicht bauen."
Am 20. Oktober kommt Harkimo nach Stuttgart, um -
nach seiner derzeitigen Einschätzung "wohl ein
letztes Mal" - mit OB Wolfgang Schuster über
die Realisierung der Arena zu verhandeln, für
die Bosch sich die Namensrechte für
zunächst zehn Jahre gesichert hat.
Die multifunktionale Sport- und Veranstaltungshalle
am Cannstatter Wasen mit bis zu 17 000
Sitzplätzen soll von JHC gebaut und in
Kombination mit der Schleyerhalle 30 Jahre lang
betrieben werden. Harkimo rechnet mit einer
Gesamtinvestition von 87 Millionen Euro. Die Stadt
soll einmalig 12,5 Millionen Euro zuschießen.
Außerdem soll sie die Halle nach 30 Jahren
für 22,2 Millionen Euro übernehmen. Mit
dem jährlichen Zuschuss für die
Schleyerhalle von 770 000 Euro würde sich der
kommunale Finanzierungsanteil in 30 Jahren auf 60,7
Millionen Euro addieren.
OB Schuster machte im Juli 2003 eine andere
Rechnung auf. Da die Zuschüsse für die
Schleyerhalle ohnehin zu leisten seien und die
Restzahlung einem heutigen Barwert von lediglich
vier Millionen Euro entsprächen, liege "die
maximale Belastung für die Stadt bei 20
Millionen Euro". Dafür übernehme Harkimo
"alle Chancen und Risiken". Die Stadt erhalte eine
moderne, dringend notwendige Veranstaltungsarena.
Die alte Schleyerhalle habe wegen ihrer
"erheblichen funktionalen Mängel" keine
Zukunft, so Schuster. Die Zukunftsfähigkeit
der Schleyerhalle lässt die Stadt inzwischen
allerdings von den Schleyerhallen-Architekten Arat,
Siegel und Partner untersuchen.
Die SPD im Gemeinderat stimmte trotz Schusters
Appell gegen die Halle. Die Grünen enthielten
sich. Eine Mehrheit aus CDU, FDP, Freien
Wählern und Republikanern forderte Schuster
auf, mit Harkimo "viele offene Fragen zu
klären".
"Wir werden mit Herrn Harkimo darüber
sprechen, was sich die Stadt leisten kann", sagt
Karin Maag, Leiterin des OB-Büros, mit Blick
auf den 20. Oktober. Neben den 12,5 Millionen Euro,
die im Gemeinderat kaum durchsetzbar sein werden,
gilt im Rathaus vor allem die Restwertzahlung von
22 Millionen als nicht akzeptabel. "Solche
langfristigen Bindungen möchten wir den
Bürgern nicht zumuten", sagt Maag. Nach
Informationen unsere Zeitung will Schuster Harkimo
von der Restwertzahlung abbringen. Dieses Geld
müsste dann anderweitig erwirtschaftet werden,
etwa über die Namensrechte.
Ob Harkimo zu finanziellen Zugeständnisse
bereit ist, ist fraglich. Gegenüber unserer
Zeitung bestätigt er, dass die JHC Color Line
Arena in Hamburg, nach deren Muster die Boschhalle
gebaut und betrieben werden soll, im abgelaufenen
Geschäftsjahr ein Defizit von 4,1 Millionen
Euro gemacht hat. Im kommenden Jahr werde das
Defizit bei knapp zwei Millionen liegen. Vor allem
die Vermarktung der Logen und Business-Sitze liegt
Millionenbeträge hinter den Erwartungen
zurück.
Um die Halle wie geplant bis zur Fußball-WM
2006 zu realisieren, müsste die Frage der
Zuschüsse bis zu den Haushaltsberatungen im
Dezember beantwortet werden.r
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Schleyerhalle ohne Radoval?
Architekten planen
Wenn der Bau der für 16 500 Sitzplätze
konzipierten Boschhalle scheitert, die Stadt aber
im Wettbewerb um Konzerte und Sportveranstaltungen
bleiben will, muss sie die Schleyerhalle
modernisieren. "Wir loten die Grenzen der Halle
aus", sagt der Schleyerhallen-Architekt Mete
Arat.
VON KONSTANTIN SCHWARZ
Haupthindernis einer Kapazitätserweiterung ist
die fest eingebaute Radrennbahn, für die die
Stadt eine Nutzungsgarantie gegeben hat. Rund 50
Tage im Jahr drehen die Radsportler auf dem Oval
ihre Runden. "Die Lösung des Problems
wäre, die Kurven herauszunehmen und die Bahn
nur beim Sechstagerennen und bei Meisterschaften
aufzubauen", sagt Arat. Mobile Zuschauerränge
könnten die langwierigen und teuren Umbauten
in der Arena verkürzen.
In der Schleyerhalle wären durch Ausbauten zu
den jetzt rund 5500 festen Sitzplätzen weitere
3000 unterzubringen. Die Kapazität könnte
somit von 10 000 auf 13 000 Zuschauer erhöht
werden. Arat will diese Zahl nicht bestätigen.
Neben der Kapazitätsaufstockung müssten
Umgänge, Garderoben und Fluchtwege erweitert,
die Halle zwei im Erdgeschoss ausgebaut werden.
"Diese Ausbauten wären auch außen
sichtbar", sagt Mete Arat. Sie müssten und
könnten unter laufendem Betrieb vorgenommen
werden. Bis Anfang November muss Arat der
Stadtverwaltung die "skizzenhaften Pläne" und
überschlägigen Kosten vorlegen. Der
Gemeinderat hätte damit bei einem Scheitern
der Boschhalle eine Alternative.
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