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Stuttgarter Nachrichten
vom 11.07.2003

 


Boschhalle: Städtischer Zuschuss aus Aktienverkauf?
 
OB Schuster gibt "maximale Belastung der Stadt" mit 20 Millionen Euro an - Finanzierungsmodell fehlt noch
 
Oberbürgermeister Wolfgang Schuster will die Boschhalle mit der finnischen JHC Arena Holding realisieren. Die "maximale Belastung" der Stadt liege bei 20 Millionen Euro. Ein Finanzierungsmodell deutet sich an.

Von unserem Reporter

MICHAEL ISENBERG

Die finnische JHC Arena Holding soll die Boschhalle am Canstatter Wasen bauen und die multifunktionale Sport- und Veranstaltungsarena mit bis zu 17 000 Sitzplätzen 30 Jahre lang in Kombination mit der Schleyerhalle auf eigenes Risiko betreiben.

Der private Investor rechnet mit einer Gesamtinvestition von 87 Millionen Euro für die Boschhalle. Davon möchte er 12,5 Millionen Euro als einmaligen Zuschuss von der Stadt. Insgesamt würden sich die Ausgaben der Stadt jedoch binnen 30 Jahre auf 60,8 Millionen Euro addieren. So steht es in der Beschlussvorlage der Verwaltung an den Gemeinderat für die Sitzung am 23. Juli.

Oberbürgermeister Wolfgang Schuster macht am Donnerstag eine andere Rechnung auf. Da der jährliche Zuschuss für die Schleyerhalle von insgesamt 770 000 Euro (Instandhaltung und Sportgarantie) ohnehin bezahlt werden müsste und der heutige Barwert des in 30 Jahren zu zahlenden Restwerts von 22,2 Millionen Euro nur vier Millionen Euro ausmache, falle die tatsächliche Belastung weitaus geringer aus.

"Die maximale Belastung der Stadt beträgt 20 Millionen Euro", sagt Schuster. In der Beschlussvorlage wird die Summe aller "barwerten Ausgaben" in 30 Jahren jedoch mit 28,4 Millionen Euro angegeben. Die Fraktionen im Gemeinderat haben bereits erklärt, dass sie das Vorhaben beim derzeitigen Stand aus Kostengründen ablehnen wollen. Schuster räumt am Donnerstag auch ein, dass er "im Moment kein Finanzierungsmodell für diese Investition vorlegen kann". Das Projekt könne nicht aus dem laufenden Haushalt heraus bezahlt werden, sagt er.

Schusters Vorstellungen gehen in eine andere Richtung. "Im Herbst wollen wir klären, ob wir für die Boschhalle eventuell Vermögen umschichten können." Vor einer Woche hat die Stadt den Verkauf ihrer Aktien der Industriehof und der Schlossgartenbau AG beschlossen. Erlös: 59 Millionen Euro. Davon sollen 29 Millionen Euro fest angelegt werden, um die wegfallenden Ausschüttungen der Beteiligungen zu kompensieren. 30 Millionen Euro sind jedoch noch nicht im Haushalt verplant. Auf diesen Posten will Schuster offenbar zurückgreifen.

Schuster möchte die Boschhalle zur Fußball-WM 2006 eröffnen. Dazu müsste spätestens Mitte 2004 mit dem Bau begonnen werden. Ursprünglich wollte JHC-Chef Harry Harkimo unmittelbar nach der Eröffnung seiner Hamburger Color Line Arena Ende 2002 mit der Planung für Stuttgart beginnen. Die Sorge, dass sich JHC wegen der Verzögerung zurückziehen könnte, hat Schuster nicht. "Ich bin guter Dinge, dass Herr Harkimo das Projekt nicht beerdigt."

Am 23. Juli wird der Gemeinderat das seit April 2002 laufende Ausschreibungsverfahren für die Boschhalle formal beenden. Wenn das Vorhaben weiter verfolgt wird, dann mit der JHC Arena Holding. Die Chance, dass die Halle 2006 ihre Pforten öffnet, wertet Schuster "derzeit mit 50:50".
 
11.07.2003 - aktualisiert: 11.07.2003, 05:06 Uhr

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