Hamburger Abendblatt 9-14 Oktober zur Situation der Color Line Arena
Schlechte
Auslastung - nur jeder zehnte Business-Sitz konnte vermietet
werden. erschienen
am 9. Okt 2003 in Hamburg Color-Line-Arena:
Nach Wirtschaftsproblemen - Streit zwischen Wankum und
Harkimo. erschienen
am 10. Okt 2003 in Hamburg Color-Line-Arena:
Auch die Betreiber in anderen Städten haben Probleme,
Logen und Business-Sitze zu vermieten. erschienen
am 11. Okt 2003 in Hamburg "Wir halten die Arena am
Laufen" erschienen am 14. Okt 2003 in Hamburg
Superhalle:
Zu viele Logen stehen leer
Von Jens Meyer-Odewald
Aufmerksamen Zuschauern in der Color-Line-Arena war
es schon bei den letzten Besuchen aufgefallen: Trotz oft
ausverkaufter Halle waren viele der insgesamt 74
gläsernen Logen im Oval unbeleuchtet und menschenleer.
Das ungute Gefühl trog nicht. Statt der im Etat
vorgesehenen 90 Prozent sind bisher lediglich 60 Prozent der
zwischen 56 200 und 82 000 Euro teuren Logen vermietet.
Noch verheerender ist die Situation bei den 1500
Business-Sitzen: Nur 174 (an die zwölf Prozent) dieser
durchschnittlich 1000 Euro pro Jahr teuren Stühle sind
fest vergeben. Die dadurch entstandene Lücke von 3,1
Millionen Euro - mit so viel war kalkuliert worden - ist
einer der Gründe für die finanzielle Schieflage,
die fast zum Aus der Halle geführt hätte. Unter
dem Strich beträgt der Betriebsverlust im ersten
Rumpf-Geschäftsjahr (bis 30. April 2003) nach
Eröffnung am 8. November des Vorjahres genau 4,1
Millionen Euro.
Während sich die Gesellschafter der D & J Arena
GmbH, die finnische JHC Arena Holding Oy um Harry Harkimo
sowie die Hamburger Wankum GbR, wortkarg geben,
bestätigt Arena-Geschäftsführer Uwe Frommhold
"große Probleme im Sommer". Allerdings seien diese
jetzt "restlos geklärt", so dass er der Arena-Zukunft
optimistisch entgegensehe. Im laufenden Geschäftsjahr
würden 135 Topveranstaltungen rund 1,2 Millionen
Zuschauer anziehen. Voraussetzungen der wirtschaftlichen
Beruhigung waren eine Finanzspritze der finnischen
Mitgesellschafter in Höhe von mehr als zwei Millionen
Euro sowie eine grundsätzliche Umfinanzierung durch die
federführende HSH Nordbank.
"Als wir 1998 die Hallenfinanzierung kalkulierten, war die
Reservierungslage üppig, kapitalstarke Firmen standen
Schlange", sagte Frommhold. Durch die aktuelle
Wirtschaftskrise habe sich die Berechnungsbasis "dramatisch
verändert". Hinzu kommt, dass die für den Logen-
und Business-Seats-Verkauf zuständige
Vermarktungsagentur Sponsor Service am 28. Februar 2003
Konkurs angemeldet hat. Seitdem werden Logen wie
Business-Sitze in eigener Regie vermarktet. "Mit wachsendem
Erfolg", wie Frommhold vermeldet.
Dennoch machen zusätzliche Baukosten von drei Millionen
Euro und hohe Zinsbelastungen für die 83 Millionen Euro
teure Arena ein positives Geschäftsresultat nur
möglich, wenn deutlich mehr verkauft wird. Nach wie vor
zieren sich die Unternehmen, tief in die Tasche zu greifen.
Obwohl die Logen nicht mehr nur für zehn, sondern auch
für ein, drei oder fünf Jahre vermietet werden.
Neu im Angebot sind 24 Sportlogen für Eishockey und
Handball, die inklusive Karten und Bewirtung 54 000 Euro
(Eishockey) oder 33 000 Euro (Handball) kosten. Elf davon
sind verkauft.
Auch die Business-Sitze werden nun für drei (4200
Euro), fünf (6000 Euro) oder zehn Jahre (9000 Euro)
offeriert, doch gibts dafür nur ein Anrecht auf den
Platz: Tickets für Veranstaltungen müssen extra
bezahlt werden. Wie hier der wirtschaftliche Durchbruch
erzielt werden soll, ist unklar.
Hallen-Poker:
Finne will alles
Von Jens Meyer-Odewald
Die wirtschaftlichen Probleme der Color-Line-Arena
mit einem Betriebsverlust von 4,1 Millionen Euro im ersten
Rumpf-Geschäftsjahr gehen einher mit heftigem Zwist
zwischen den Gesellschaftern: Die finnischen Investoren auf
der einen, die Hamburger Wankum-Familie auf der anderen
Seite harmonieren miserabel. Hinter den Kulissen vollziehen
sich seit Monaten juristische Scharmützel: Ein schon
beurkundeter Vertrag zur kompletten Übernahme der
Wankum-Anteile durch die Skandinavier platzte erst in
letzter Stunde.
"Ja, ich will hundert Prozent der Gesellschaft", sagte der
Hallen-Unternehmer Harry Harkimo gestern in einem
Telefongespräch mit dem Abendblatt. Den Kaufpreis von
2,5 Millionen Euro wollte er nicht bestätigen: "Das ist
Verhandlungssache." Spekulationen, denen zufolge er in einer
wirtschaftlichen Bredouille stecke, kontert der Finne: "Die
Color-Line-Arena läuft prima - und sie wird
künftig noch viel besser laufen." Am Montag fliegt
Harkimo von Helsinki nach Hamburg, um weitere Gespräche
zu führen. In der nächsten Woche ist auch Andreas
Wankum aus Übersee zurück. Der seit dem
Zusammenbruch seiner Firma Deuteron im Zusammenhang mit dem
Bau der AOL Arena insolvente Kaufmann vertritt als
Geschäftsführer der Wankum GbR & Co. die
Interessen seiner Frau sowie einer kanadischen Gesellschaft,
hinter der sein Bruder steht. Sie halten 50 Prozent der D
& J Arena GmbH, die andere Hälfte steht im Besitz
der JHC Arena Holding Oy. Dazu zählen Harkimo, weitere
finnischen Investoren und die Rautakirja-Gruppe (Helsinki).
Letztere sei unter dem Strich die finanzielle Bastion, wird
kolportiert.
Aus seiner Absicht, die Gesellschaft ganz zu
übernehmen, hat Harry Harkimo nie einen Hehl gemacht.
Ein Vertrag mit der Wankum GbR scheiterte im Frühjahr
nach drei Jahren Verhandlungen nur knapp. Harkimo trat vom
notariell schon beurkundeten Vertrag zurück. Um den
Kaufpreis zu drücken, wie Banker vermuten.
Da beide Parteien jeweils mehr als zwei Millionen Euro
Eigenkapital eingezahlt haben, wäre eben dieser
Kaufpreis realistisch. Andererseits haben die Deuteron- und
Wankum-Insolvenzverwalter ein erhebliches Wort
mitgesprochen: Vom Kaufpreis entfällt ein
Großteil an Gläubiger, ein geringerer Satz bleibt
Ehefrau und Bruder. Andreas Wankum persönlich
würde nicht davon profitieren - von einer Portion Ruhe
abgesehen.
Wie alle Beteiligten hält sich auch Wankum verbal
zurück. "Ja, es stimmt, Herr Harkimo wollte kaufen,
trat dann jedoch vom Kaufvertrag zurück",
bestätigte er via Handy. Und sonst? "Zu Interna sage
ich nichts."
Dennoch sickerte durch, dass die Finnen den lästigen
Partner mit einem Trick ins Abseits stellen wollten. Sie
betrieben eine Aufstockung des Eigenkapitals der D & J
Arena GmbH um rund drei Millionen Euro - je zur Hälfte
aus Finnland und von der Wankum-Familie. Letztere würde
so viel nie bezahlen wollen und sich darum
zurückziehen, so die angebliche Spekulation.
Diese Rechnung indes ging nicht auf: Harkimo & Co.
mussten die von der HSH Nordbank (Hamburgische Landesbank)
verlangte Eigenkapitalspritze von rund drei Millionen Euro
allein bewältigen. Erst danach war das Geldinstitut
("Kein Kommentar.") zu einer Um- und Zusatzfinanzierung
bereit. Statt derzeit drei Millionen Euro Zinsen, werden
2004/05 nur noch 2,6 Millionen und später unter zwei
Millionen fällig. Zudem wird die Tilgung variabel.
"Mit dieser Lösung können wir gut leben", sagte
Arena-Manager Uwe Frommhold zum Abendblatt. Auch sonst sei
alles im Griff: "Welcher nicht subventionierte Privatbau
für 83 Millionen Euro ohne jegliche staatliche
Zuschüsse schreibt im ersten Jahr schon schwarze
Zahlen?" Dass es am Marketingkonzept für den Verkauf
der Logen und Business-Sitze Korrekturen geben müsse,
dementierte er nicht.
Die
Sorgen der Superhallen
Von Jens Meyer-Odewald
Die wirtschaftlichen Nöte der
Color-Line-Arena, aber auch der Gesellschafter-Zwist im
Hintergrund, werfen drängender denn je die Frage auf,
ob eine Mehrzweckhalle dieser Dimension überhaupt
solide zu finanzieren ist. Kurzfristige Kalamitäten,
wie aktuell eine mangelhafte Auslastung der Logen und
Business-Seats weit unter Kalkulation, können zu
Problemen führen.
Und ob sich die so schnell beheben lassen, ist fraglich:
Denn vergleichbaren High-Tech-Konkurrenten im Lande geht es
kaum anders als den Hamburger Betreibern. So sind die Logen
der Preussag-Arena (12 115 Zuschauer) in Hannover zu 50
Prozent, die der Arena-Nürnberg (10 000) zu 70 Prozent
und die der Arena-Ingolstadt (6000) nur zu 40 Prozent
vermietet. Bei den Business-Sitzen sieht es in der Regel
schlechter aus. Auch wenn Hamburgs zwölf Prozent mit
Abstand Schlusslicht sind. Vielleicht haben die florierenden
Beispiele zu verlockend geglänzt. Wie die
Köln-Arena mit 18 000 Plätzen und einer
Logenauslastung von 90 Prozent, wie die Superhalle von Ajax
Amsterdam, wie Harry Harkimos Arena in Helsinki und wie ganz
besonders das Staples Center in Los Angeles. Diese Mutter
aller Arenen boomt wie Bolle: Drei Basketballteams, eine
Football- und eine Eishockeymannschaft sorgen für
permanente Belegung.
Auch in dieser Beziehung sind die Pfeiler der
Color-Line-Arena nach Expertenmeinung schwächer, als
mancher Gesellschafter und Bank meinen. So ist stadtbekannt,
dass die unter Zuschauerschwund leidenden HSV-Handballer in
großem Stil Tickets verschenken, um die Halle
wenigstens einigermaßen zu füllen. Und auch bei
den Eishockey-Profis der Hamburg Freezers, mit mehr als 20
Prozent am jährlichen Publikumszuspruch von
höchstem Gewicht, kann der eisige Schein täuschen.
Zwar strömen hier die Massen noch, doch droht das
Interesse allmählich abzubröckeln. Weil das Gros
der Gäste nicht nur wegen der filigranen Darbietungen
der Kufencracks, sondern auch wegen der stimmungsvollen
Fiesta auf den Rängen kommt. Sollte hier einmal der
Zauber verblassen, die Ränge halb leer bleiben oder das
Team gar sportlich absteigen, kann der Spaß ganz
schnell passé sein.
Gegen solche Problemfälle, erst recht indes gegen die
tönerne Finanzierung, kann das beste Management nur
wenig ausrichten. So helfen 135 Veranstaltungen im
Premierenjahr und eine Topmarke von 1,2 Millionen Zuschauern
unter dem Strich nicht, die Gesamtkosten auch nur
annähernd zu decken. Dabei kann sich die
Color-Line-Arena glücklich schätzen. mit
Schöller Eiskrem, der Holsten-Brauerei (15 000 Liter
Pils lagern in riesigen Stahlfässern), Coca Cola, Hella
Hansa Mineralbrunnen und Eurest Sport Foods Exklusivpartner
zu haben, die Stabilität in die Kasse bringen - vom
Namensgeber Color Line ganz abgesehen.
"Helsinki ist nicht gleich Hamburg", meinen viele im Umfeld
der Hamburger Halle in Anspielung auf den finnischen
Arena-Betreiber Harry Harkimo, der mit seiner
Investorengruppe jetzt, wie berichtet, nach 100 Prozent der
Arena-Gesellschaft greift.
Konzept: Hallen-Unternehmer Harry
Harkimo über die Zukunft der
Color-Line-Arena.
Bis spätestens Ende des Jahres will
Hallen-Unternehmer Harry Harkimo aus Helsinki 100 Prozent
der Anteile an der Color-Line-Arena in seinen Besitz
bringen. Bis dahin will er sich mit der Familie des
insolventen Hamburger Kaufmanns Andreas Wankum handelseinig
sein, der derzeit noch 50 Prozent der D & J Arena GmbH
gehören. Das sagte Harkimo in einem Gespräch mit
dem Hamburger Abendblatt.
ABENDBLATT: 4,1 Millionen Euro Verlust im abgelaufenen
Rumpf-Geschäftsjahr - da kann von einer gesunden
Finanzierung keine Rede sein.
HARRY HARKIMO: Die Finanzierung ist außerordentlich
solide. Allerdings ist die Arena am Ende 17 Prozent
größer geworden als geplant. Unter anderem wegen
behördlicher Auflagen. Dennoch stimmt es, dass die
wirtschaftliche Abrechnung schlechter als geplant aussieht.
Das sind Startprobleme. Wir haben die Probleme aber im
Griff; so ein Großprojekt muss sich erst einmal
einspielen. 2004 rechne ich mit nur noch zwei Millionen
Euro Verlust, 2005 wollen wir Gewinn machen.
ABENDBLATT: Das wird dann ja höchste Zeit. Immerhin
mussten Sie und Ihre Partner gerade drei Millionen Euro
frisches Kapital zuschießen. Das ist sehr viel
Geld.
HARKIMO: In der Tat ist das sehr viel Geld. Das war aber
eine Investition in die Zukunft, die sich eines Tages
rentieren wird. Wir haben die Arena nicht für ein,
sondern für 30 Jahre und mehr gebaut.
ABENDBLATT: Wann wollen Sie die restlichen 50 Prozent
Anteil von der Familie Wankum erwerben?
HARKIMO: Gespräche laufen schon lange. Wir haben sehr,
sehr oft gesprochen. Spätestens Ende des Jahres soll
das unter Dach und Fach sein. Denn so wie bisher kann es
nicht weitergehen. Wer ist verantwortlich für die
ganze Arbeit und Planung? Wer zahlt das ganze Geld? Wir.
Dennoch haben wir nur fünfzig Prozent des Einflusses.
Das ist nicht fair.
ABENDBLATT: Helsinki ist nicht Hamburg. Haben Sie die
Probleme hier falsch eingeschätzt?
HARKIMO: Wir sind Profis und haben und sehr präzise
über die Voraussetzungen hierzulande informiert. Nicht
einkalkulieren konnten wir seinerzeit die wirtschaftliche
Situation in Deutschland heute: Diese ist jetzt viel
schlechter als in Finnland. Darunter leiden übrigens
viele finnische Firmen, die hier aktiv sind. Wir sind da in
bester Gesellschaft. Bei unseren weiteren Hallenplanungen
wie in Amsterdam und Stuttgart werden wir auf stärkere
Starthilfe der Stadt drängen. Aber ich sage noch
einmal: Die Zahlen sind erstklassig, beim Eishockey zum
Beispiel liegen wir pro Spiel mehr als 2000 Zuschauer
über Soll. Die Arena steht vor einer glänzenden
Zukunft.
ABENDBLATT: Schießen Sie wieder frisches Geld ein,
wenn die Finanzen im kommenden Jahr erneut in Schieflage
geraten?
HARKIMO: Die Arena wird in jedem Fall am Laufen gehalten.
Darauf können sich die Hamburger verlassen.
ABENDBLATT: Hauptursache der Millionenverluste ist die
miserable Auslastung der Logen von 60 Prozent und der 1500
Business-Seats von gar nur zwölf Prozent. Wird es ein
neues Verkaufskonzept geben?
HARKIMO: Ja. Im Bereich der Logen setzen wir weiter
verstärkt auf Sportlogen. Ziel ist es, bis Ende 2004
praktisch alle 74 Logen fest vermietet zu haben. Und bei
den Business-Seats werden wir im Dezember ein völlig
neues Konzept vorstellen.
Interview: JENS MEYER-ODEWALD