Hamburger Abendblatt 9-14 Oktober zur Situation der Color Line Arena

Superhalle: Zu viele Logen stehen leer

Schlechte Auslastung - nur jeder zehnte Business-Sitz konnte vermietet werden.

Von Jens Meyer-Odewald

Aufmerksamen Zuschauern in der Color-Line-Arena war es schon bei den letzten Besuchen aufgefallen: Trotz oft ausverkaufter Halle waren viele der insgesamt 74 gläsernen Logen im Oval unbeleuchtet und menschenleer. Das ungute Gefühl trog nicht. Statt der im Etat vorgesehenen 90 Prozent sind bisher lediglich 60 Prozent der zwischen 56 200 und 82 000 Euro teuren Logen vermietet.

Noch verheerender ist die Situation bei den 1500 Business-Sitzen: Nur 174 (an die zwölf Prozent) dieser durchschnittlich 1000 Euro pro Jahr teuren Stühle sind fest vergeben. Die dadurch entstandene Lücke von 3,1 Millionen Euro - mit so viel war kalkuliert worden - ist einer der Gründe für die finanzielle Schieflage, die fast zum Aus der Halle geführt hätte. Unter dem Strich beträgt der Betriebsverlust im ersten Rumpf-Geschäftsjahr (bis 30. April 2003) nach Eröffnung am 8. November des Vorjahres genau 4,1 Millionen Euro.

Während sich die Gesellschafter der D & J Arena GmbH, die finnische JHC Arena Holding Oy um Harry Harkimo sowie die Hamburger Wankum GbR, wortkarg geben, bestätigt Arena-Geschäftsführer Uwe Frommhold "große Probleme im Sommer". Allerdings seien diese jetzt "restlos geklärt", so dass er der Arena-Zukunft optimistisch entgegensehe. Im laufenden Geschäftsjahr würden 135 Topveranstaltungen rund 1,2 Millionen Zuschauer anziehen. Voraussetzungen der wirtschaftlichen Beruhigung waren eine Finanzspritze der finnischen Mitgesellschafter in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro sowie eine grundsätzliche Umfinanzierung durch die federführende HSH Nordbank.

"Als wir 1998 die Hallenfinanzierung kalkulierten, war die Reservierungslage üppig, kapitalstarke Firmen standen Schlange", sagte Frommhold. Durch die aktuelle Wirtschaftskrise habe sich die Berechnungsbasis "dramatisch verändert". Hinzu kommt, dass die für den Logen- und Business-Seats-Verkauf zuständige Vermarktungsagentur Sponsor Service am 28. Februar 2003 Konkurs angemeldet hat. Seitdem werden Logen wie Business-Sitze in eigener Regie vermarktet. "Mit wachsendem Erfolg", wie Frommhold vermeldet.

Dennoch machen zusätzliche Baukosten von drei Millionen Euro und hohe Zinsbelastungen für die 83 Millionen Euro teure Arena ein positives Geschäftsresultat nur möglich, wenn deutlich mehr verkauft wird. Nach wie vor zieren sich die Unternehmen, tief in die Tasche zu greifen. Obwohl die Logen nicht mehr nur für zehn, sondern auch für ein, drei oder fünf Jahre vermietet werden. Neu im Angebot sind 24 Sportlogen für Eishockey und Handball, die inklusive Karten und Bewirtung 54 000 Euro (Eishockey) oder 33 000 Euro (Handball) kosten. Elf davon sind verkauft.

Auch die Business-Sitze werden nun für drei (4200 Euro), fünf (6000 Euro) oder zehn Jahre (9000 Euro) offeriert, doch gibts dafür nur ein Anrecht auf den Platz: Tickets für Veranstaltungen müssen extra bezahlt werden. Wie hier der wirtschaftliche Durchbruch erzielt werden soll, ist unklar.

erschienen am 9. Okt 2003 in Hamburg

Hallen-Poker: Finne will alles

Color-Line-Arena: Nach Wirtschaftsproblemen - Streit zwischen Wankum und Harkimo.

Von Jens Meyer-Odewald

Die wirtschaftlichen Probleme der Color-Line-Arena mit einem Betriebsverlust von 4,1 Millionen Euro im ersten Rumpf-Geschäftsjahr gehen einher mit heftigem Zwist zwischen den Gesellschaftern: Die finnischen Investoren auf der einen, die Hamburger Wankum-Familie auf der anderen Seite harmonieren miserabel. Hinter den Kulissen vollziehen sich seit Monaten juristische Scharmützel: Ein schon beurkundeter Vertrag zur kompletten Übernahme der Wankum-Anteile durch die Skandinavier platzte erst in letzter Stunde.

"Ja, ich will hundert Prozent der Gesellschaft", sagte der Hallen-Unternehmer Harry Harkimo gestern in einem Telefongespräch mit dem Abendblatt. Den Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro wollte er nicht bestätigen: "Das ist Verhandlungssache." Spekulationen, denen zufolge er in einer wirtschaftlichen Bredouille stecke, kontert der Finne: "Die Color-Line-Arena läuft prima - und sie wird künftig noch viel besser laufen." Am Montag fliegt Harkimo von Helsinki nach Hamburg, um weitere Gespräche zu führen. In der nächsten Woche ist auch Andreas Wankum aus Übersee zurück. Der seit dem Zusammenbruch seiner Firma Deuteron im Zusammenhang mit dem Bau der AOL Arena insolvente Kaufmann vertritt als Geschäftsführer der Wankum GbR & Co. die Interessen seiner Frau sowie einer kanadischen Gesellschaft, hinter der sein Bruder steht. Sie halten 50 Prozent der D & J Arena GmbH, die andere Hälfte steht im Besitz der JHC Arena Holding Oy. Dazu zählen Harkimo, weitere finnischen Investoren und die Rautakirja-Gruppe (Helsinki). Letztere sei unter dem Strich die finanzielle Bastion, wird kolportiert.

Aus seiner Absicht, die Gesellschaft ganz zu übernehmen, hat Harry Harkimo nie einen Hehl gemacht. Ein Vertrag mit der Wankum GbR scheiterte im Frühjahr nach drei Jahren Verhandlungen nur knapp. Harkimo trat vom notariell schon beurkundeten Vertrag zurück. Um den Kaufpreis zu drücken, wie Banker vermuten.

Da beide Parteien jeweils mehr als zwei Millionen Euro Eigenkapital eingezahlt haben, wäre eben dieser Kaufpreis realistisch. Andererseits haben die Deuteron- und Wankum-Insolvenzverwalter ein erhebliches Wort mitgesprochen: Vom Kaufpreis entfällt ein Großteil an Gläubiger, ein geringerer Satz bleibt Ehefrau und Bruder. Andreas Wankum persönlich würde nicht davon profitieren - von einer Portion Ruhe abgesehen.

Wie alle Beteiligten hält sich auch Wankum verbal zurück. "Ja, es stimmt, Herr Harkimo wollte kaufen, trat dann jedoch vom Kaufvertrag zurück", bestätigte er via Handy. Und sonst? "Zu Interna sage ich nichts."

Dennoch sickerte durch, dass die Finnen den lästigen Partner mit einem Trick ins Abseits stellen wollten. Sie betrieben eine Aufstockung des Eigenkapitals der D & J Arena GmbH um rund drei Millionen Euro - je zur Hälfte aus Finnland und von der Wankum-Familie. Letztere würde so viel nie bezahlen wollen und sich darum zurückziehen, so die angebliche Spekulation.

Diese Rechnung indes ging nicht auf: Harkimo & Co. mussten die von der HSH Nordbank (Hamburgische Landesbank) verlangte Eigenkapitalspritze von rund drei Millionen Euro allein bewältigen. Erst danach war das Geldinstitut ("Kein Kommentar.") zu einer Um- und Zusatzfinanzierung bereit. Statt derzeit drei Millionen Euro Zinsen, werden 2004/05 nur noch 2,6 Millionen und später unter zwei Millionen fällig. Zudem wird die Tilgung variabel.

"Mit dieser Lösung können wir gut leben", sagte Arena-Manager Uwe Frommhold zum Abendblatt. Auch sonst sei alles im Griff: "Welcher nicht subventionierte Privatbau für 83 Millionen Euro ohne jegliche staatliche Zuschüsse schreibt im ersten Jahr schon schwarze Zahlen?" Dass es am Marketingkonzept für den Verkauf der Logen und Business-Sitze Korrekturen geben müsse, dementierte er nicht.

erschienen am 10. Okt 2003 in Hamburg

 

Die Sorgen der Superhallen

Color-Line-Arena: Auch die Betreiber in anderen Städten haben Probleme, Logen und Business-Sitze zu vermieten.

Von Jens Meyer-Odewald

Die wirtschaftlichen Nöte der Color-Line-Arena, aber auch der Gesellschafter-Zwist im Hintergrund, werfen drängender denn je die Frage auf, ob eine Mehrzweckhalle dieser Dimension überhaupt solide zu finanzieren ist. Kurzfristige Kalamitäten, wie aktuell eine mangelhafte Auslastung der Logen und Business-Seats weit unter Kalkulation, können zu Problemen führen.

Und ob sich die so schnell beheben lassen, ist fraglich: Denn vergleichbaren High-Tech-Konkurrenten im Lande geht es kaum anders als den Hamburger Betreibern. So sind die Logen der Preussag-Arena (12 115 Zuschauer) in Hannover zu 50 Prozent, die der Arena-Nürnberg (10 000) zu 70 Prozent und die der Arena-Ingolstadt (6000) nur zu 40 Prozent vermietet. Bei den Business-Sitzen sieht es in der Regel schlechter aus. Auch wenn Hamburgs zwölf Prozent mit Abstand Schlusslicht sind. Vielleicht haben die florierenden Beispiele zu verlockend geglänzt. Wie die Köln-Arena mit 18 000 Plätzen und einer Logenauslastung von 90 Prozent, wie die Superhalle von Ajax Amsterdam, wie Harry Harkimos Arena in Helsinki und wie ganz besonders das Staples Center in Los Angeles. Diese Mutter aller Arenen boomt wie Bolle: Drei Basketballteams, eine Football- und eine Eishockeymannschaft sorgen für permanente Belegung.

Auch in dieser Beziehung sind die Pfeiler der Color-Line-Arena nach Expertenmeinung schwächer, als mancher Gesellschafter und Bank meinen. So ist stadtbekannt, dass die unter Zuschauerschwund leidenden HSV-Handballer in großem Stil Tickets verschenken, um die Halle wenigstens einigermaßen zu füllen. Und auch bei den Eishockey-Profis der Hamburg Freezers, mit mehr als 20 Prozent am jährlichen Publikumszuspruch von höchstem Gewicht, kann der eisige Schein täuschen. Zwar strömen hier die Massen noch, doch droht das Interesse allmählich abzubröckeln. Weil das Gros der Gäste nicht nur wegen der filigranen Darbietungen der Kufencracks, sondern auch wegen der stimmungsvollen Fiesta auf den Rängen kommt. Sollte hier einmal der Zauber verblassen, die Ränge halb leer bleiben oder das Team gar sportlich absteigen, kann der Spaß ganz schnell passé sein.

Gegen solche Problemfälle, erst recht indes gegen die tönerne Finanzierung, kann das beste Management nur wenig ausrichten. So helfen 135 Veranstaltungen im Premierenjahr und eine Topmarke von 1,2 Millionen Zuschauern unter dem Strich nicht, die Gesamtkosten auch nur annähernd zu decken. Dabei kann sich die Color-Line-Arena glücklich schätzen. mit Schöller Eiskrem, der Holsten-Brauerei (15 000 Liter Pils lagern in riesigen Stahlfässern), Coca Cola, Hella Hansa Mineralbrunnen und Eurest Sport Foods Exklusivpartner zu haben, die Stabilität in die Kasse bringen - vom Namensgeber Color Line ganz abgesehen.

"Helsinki ist nicht gleich Hamburg", meinen viele im Umfeld der Hamburger Halle in Anspielung auf den finnischen Arena-Betreiber Harry Harkimo, der mit seiner Investorengruppe jetzt, wie berichtet, nach 100 Prozent der Arena-Gesellschaft greift.

erschienen am 11. Okt 2003 in Hamburg

"Wir halten die Arena am Laufen"
Konzept: Hallen-Unternehmer Harry Harkimo über die Zukunft der Color-Line-Arena.


Bis spätestens Ende des Jahres will Hallen-Unternehmer Harry Harkimo aus Helsinki 100 Prozent der Anteile an der Color-Line-Arena in seinen Besitz bringen. Bis dahin will er sich mit der Familie des insolventen Hamburger Kaufmanns Andreas Wankum handelseinig sein, der derzeit noch 50 Prozent der D & J Arena GmbH gehören. Das sagte Harkimo in einem Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

ABENDBLATT: 4,1 Millionen Euro Verlust im abgelaufenen Rumpf-Geschäftsjahr - da kann von einer gesunden Finanzierung keine Rede sein.

HARRY HARKIMO: Die Finanzierung ist außerordentlich solide. Allerdings ist die Arena am Ende 17 Prozent größer geworden als geplant. Unter anderem wegen behördlicher Auflagen. Dennoch stimmt es, dass die wirtschaftliche Abrechnung schlechter als geplant aussieht. Das sind Startprobleme. Wir haben die Probleme aber im Griff; so ein Großprojekt muss sich erst einmal einspielen. 2004 rechne ich mit nur noch zwei Millionen Euro Verlust, 2005 wollen wir Gewinn machen.

ABENDBLATT: Das wird dann ja höchste Zeit. Immerhin mussten Sie und Ihre Partner gerade drei Millionen Euro frisches Kapital zuschießen. Das ist sehr viel Geld.

HARKIMO: In der Tat ist das sehr viel Geld. Das war aber eine Investition in die Zukunft, die sich eines Tages rentieren wird. Wir haben die Arena nicht für ein, sondern für 30 Jahre und mehr gebaut.

ABENDBLATT: Wann wollen Sie die restlichen 50 Prozent Anteil von der Familie Wankum erwerben?

HARKIMO: Gespräche laufen schon lange. Wir haben sehr, sehr oft gesprochen. Spätestens Ende des Jahres soll das unter Dach und Fach sein. Denn so wie bisher kann es nicht weitergehen. Wer ist verantwortlich für die ganze Arbeit und Planung? Wer zahlt das ganze Geld? Wir. Dennoch haben wir nur fünfzig Prozent des Einflusses. Das ist nicht fair.

ABENDBLATT: Helsinki ist nicht Hamburg. Haben Sie die Probleme hier falsch eingeschätzt?

HARKIMO: Wir sind Profis und haben und sehr präzise über die Voraussetzungen hierzulande informiert. Nicht einkalkulieren konnten wir seinerzeit die wirtschaftliche Situation in Deutschland heute: Diese ist jetzt viel schlechter als in Finnland. Darunter leiden übrigens viele finnische Firmen, die hier aktiv sind. Wir sind da in bester Gesellschaft. Bei unseren weiteren Hallenplanungen wie in Amsterdam und Stuttgart werden wir auf stärkere Starthilfe der Stadt drängen. Aber ich sage noch einmal: Die Zahlen sind erstklassig, beim Eishockey zum Beispiel liegen wir pro Spiel mehr als 2000 Zuschauer über Soll. Die Arena steht vor einer glänzenden Zukunft.

ABENDBLATT: Schießen Sie wieder frisches Geld ein, wenn die Finanzen im kommenden Jahr erneut in Schieflage geraten?

HARKIMO: Die Arena wird in jedem Fall am Laufen gehalten. Darauf können sich die Hamburger verlassen.

ABENDBLATT: Hauptursache der Millionenverluste ist die miserable Auslastung der Logen von 60 Prozent und der 1500 Business-Seats von gar nur zwölf Prozent. Wird es ein neues Verkaufskonzept geben?

HARKIMO: Ja. Im Bereich der Logen setzen wir weiter verstärkt auf Sportlogen. Ziel ist es, bis Ende 2004 praktisch alle 74 Logen fest vermietet zu haben. Und bei den Business-Seats werden wir im Dezember ein völlig neues Konzept vorstellen.

Interview: JENS MEYER-ODEWALD

erschienen am 14. Okt 2003 in Hamburg