EZ/CZ 11.07.2003

Boschhalle kostet Stadt 20 Millionen

Gemeinderat soll grünes Licht für Verhandlungen mit privatem Investor erteilen - Fertigstellung zur Fußball-WM 2006

Stuttgart (eh) - Oberbürgermeister Wolfgang Schuster hält am Bau einer Multifunktionsarena auf dem Cannstatter Wasen fest - obgleich die Stadt dafür rund 20 Millionen Euro aufbringen müsste. "Ich würde es sehr bedauern, wenn der Gemeinderat das Projekt mangels Gelder ablehnen würde."

In der Sitzung am 23. Juli soll die Vollversammlung das sich seit Monaten hinziehende Ausschreibungsverfahren förmlich beenden - entweder mit einem klaren Nein zum Vorhaben an sich, oder mit der Maßgabe, dass die Stadt mit der JHC Arena Holding des finnischen Unternehmers Harry Harkimo - die das preiswerteste und schlüssigste Angebot gemacht hat - über die konkreten Bedingungen für Bau und Betrieb verhandelt. Schuster macht keinen Hehl daraus, dass er den Stadträten letzteres empfehlen will: "Ich bin nach wie vor der Überzeugung, Stuttgart braucht die zweite Großhalle. Und für mich ist das Konzept von Harkimo schlüssig."Wie mehrfach berichtet, will der Finne eine Arena nach dem Vorbild seiner Color Line Arena in Hamburg errichten. Die multifunktionale Halle mit 14 000 bis 17 000 Sitzplätzen soll 87 Millionen Euro kosten. "Eine Beteiligung der Landeshauptstadt ist nicht vorgesehen, auch keine Risikoabsicherung", so Schuster. Freilich wird es das Objekt nicht zum Nulltarif geben: Harkimo erwartet von der Stadt einen Investitionszuschuss von bis zu 12,5 Millionen Euro, für die Erschließung des Areals und die Altlastenbeseitigung wären 2,7 Millionen Euro erforderlich, weitere 1,2 Millionen Euro hätte das Rathaus der Stuttgarter Messegesellschaft (SMK) als Entschädigung für die wegfallende Rollschuhhalle zu zahlen. "Für eine einmalige Gesamtinvestition von 16,4 Millionen Euro würde Stuttgart eine hochmoderne und wettbewerbsfähige Multifunktionshalle mit einem überzeugenden Betreiberkonzept unter Einbeziehung der Hanns-Martin-Schleyerhalle erhalten", zeigt sich der OB euphorisch und rechnet noch einen Posten hinzu: Jene 22,2 Millionen Euro Restwert, die die Stadt nach Ablauf des 30-jährigen Erbbaurechtvertrages zu zahlen hätte, kämen einer einmaligen Investition von 3,9 Millionen Euro gleich: "Wenn man diesen Betrag heute bei sechs Prozent Zinsen anlegen würde, hätten wir die Summe bis dahin zusammen." Macht unterm Strich rund 20 Millionen. Dabei aber bliebe es nicht: Die Schleyerhalle würde Harkimo zum symbolischen Preis von einem Euro und ohne jegliche Mietforderungen pachten, erhielte darüber hinaus die Zusage, dass die Stadt für die Sportgarantie und die Instandhaltung 770 000 Euro pro Jahr bezahlt. Diesen Betrag erhält bislang die SMK.

Im Sinne der Wirtschaftsförderung hält Schuster das Vorhaben für eine lohnende Sache: Studien zufolge würden von der Gesamtinvestition in Höhe von 87 Millionen Euro voraussichtlich 27,7 Millionen an ortsansässige Planungs- und Baufirmen fließen, davon wiederum über die Gewerbesteuer 350 000 Euro an die Stadtkasse. Aus dem dauerhaften Betrieb ergebe sich ein positiver Effekt für ansässige Unternehmen in Höhe von 7,4 Millionen, was Steuereinnahmen von 140 000 Euro pro Jahr bedeute. Dem stünden im Falle der Ablehnung des Projekts nicht nur Ausgaben gegenüber - zehn Millionen Euro müssten in den nächsten zehn Jahren in die bauliche Substanz der Schleyerhalle investiert werden. Verluste drohten auch, weil die 20 Jahre alte Großhalle nicht mehr attraktiv genug sei für Künstler mit großem Namen. "Es ist davon auszugehen", meint Schuster, "dass es Mannheim und Karlsruhe gelingen wird, weitere Veranstaltungen in die dortige Region zu holen." Beide Städte realisieren derzeit Hallen mit je 14 000 Zuschauern.

Geht es nach dem Willen des Oberbürgermeisters, dann soll die Boschhalle bis zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 stehen. Auch Harkimo ist an einer raschen Realisierung interessiert. Die Pläne liegen nahezu baureif in den Schubladen.